Aktuelle Nachrichten

28.01.2020
Sportjugend verurteilt Angriff der AfD-Fraktion
Die Deutsche Sportjugend (dsj) sieht in einer parlamentarischen Anfrage der AfD-Fraktion im Brandenburgischen Landtag einen "Angriff auf die Werte des Sports".

Die dsj hat das hinter der parlamentarischen Initiative der AfD-Fraktion im Brandenburger Landtag stehende und handlungsleitende Ansinnen, das sich gegen die Aktivitäten der Sportjugend Brandenburg (Kleine Anfrage 136 der AfD-Fraktion / Drucksache 7/236 vom 28. November 2019) richtet, auf das Schärfste verurteilt. Er sieht darin einen Angriff auf die demokratischen Werte des Sports.

Benny Folkmann, 2. Vorsitzender der dsj, findet hierzu klare Worte: „Der Vorstand steht bedingungslos für einen Sport mit Courage ein. Gemeinsam mit der gesamten dsj-Geschäftsstelle wird er die demokratischen Werte des Sports jederzeit klar und offen an geeigneter Stelle vertreten. Diese Werte sind aus unserer Sicht nicht verhandelbar. Darüber hinaus werden wir unsere Mitgliedsorganisationen beim Umgang mit antidemokratischem Vorgehen und Angriffen verstärkt unterstützen.“ 

Die Anfrage der AfD mit dem Titel „Brandenburgische Sportjugend im Landessportbund Brandenburg e.V. im Beratungsnetzwerk `Tolerantes Brandenburg´" thematisiert die Aktivitäten der Brandenburgischen Sportjugend im Beratungsnetzwerk. Sie zielt auf die Beratungsstrukturen ab, die hinter den im Beratungsnetzwerk aktiven Organisationen stehen. Konkret unterstellt die AfD, dass diese Berater*innen "ideologisiert" werden, um in Sportvereinen gegen fremdenfeindliche und rechtsextreme Menschen zu "intervenieren".

"Hiermit wird auf perfide Art versucht, rechtsextremen und fremdenfeindlichen Umtrieben in Sportvereinen eine Grundlage zu schaffen. Die AfD Brandenburg verteidigt den Missbrauch von Sportvereinen durch Nazis," so Folkmann.

In ihrem Handlungsfeld „Sport mit Courage“ ist es das Ziel der Deutschen Sportjugend, die Lebenskompetenz von Kindern und Jugendlichen in einem sicheren Umfeld auf Grundlage der Kinder- und Menschenrechte zu fördern. Dazu gehört das Schaffen von Grundlagen für ein langfristiges, demokratisches Denken und die nachhaltige Förderung der demokratischen Teilhabe sowie eine Gesellschaft, die sich einem menschenwürdigen Zusammenleben verpflichtet.

Bereits Ende der 1980er Jahre hat sich der organisierte Sport klar gegen die menschenverachtende Ideologie des Rechtsextremismus positioniert, die gegen die Werte eines fairen und respektvollen Miteinanders stehen. Die dsj beteiligt sich aktiv in bundesweiten Netzwerken im und über den Sport hinaus. Sie ist als Gründungsmitglied des IDA e.V. ständig in dessen Vorstand vertreten, beteiligt sich an den Internationalen Wochen gegen Rassismus, im Netz gegen Rassismus, dem Netzwerk interkultureller Jugendverbandsarbeit und Forschung und dem Forum gegen Rassismus. Durch die AG „Sport mit Courage“, die als Beratungsgremium vom Vorstand einberufen wurde, findet eine direkte Anbindung inner-halb der Sportstrukturen statt. Im Bundesprogramm „Zusammenhalt durch Teilhabe“ des BMI koordiniert die dsj bundesweit die Sportprojekte und hat ca. 50 Demokratietrainer*innen ausgebildet. Sie beheimatet seit 2018 die Geschäftsstelle des „Netzwerks Sport & Politik für Fairness, Respekt und Menschenwürde“, dessen Mitglied sie auch ist. Seit 1993 ist die Koordinationsstelle Fanprojekte bei ihr angesiedelt, die mittlerweile 61 Fanprojekte in Deutschland koordiniert und unterstützt. Über den Materialordner „Sport mit Courage“ gibt die dsj den Vereinen und Verbänden konkrete Hilfestellungen zu den vielfältigen Fragen rund um die Themen Diskriminierung und rassistische Konflikte im gemeinnützigen, organisierten Sport.

Insgesamt führen Veränderungen in der Zivilgesellschaft, in der politischen Landschaft sowie eine Normverschiebung des Sag- und Machbaren dazu, dass sich freiwillig Engagierte, Ehren- und Hauptamtliche, Aktive, Vereine und Organisationen auf lokaler und überregionaler Ebene physischen und psychischen Angriffen ausgesetzt sehen. Ideologisch getriebene Menschen und Parteien versuchen durch diese Attacken die diversen und offenen zivilgesellschaftlichen Gemeinschaften gezielt zu spalten und zu entzweien. Es gilt nun, sich diesen Entwicklungen entschlossen und gemeinsam entgegen zu stellen.

Die Kleine Anfrage der AfD-Fraktion in Brandenburg (Kleine Anfrage 136 der AfD-Fraktion / Drucksache 7/236 vom 28. November 2019) bedeutet für die dsj und den gemeinnützigen, organisierten Sport eine Zäsur. Die gute und wichtige Arbeit für die Förderung der demokratischen Werte im und durch den Sport und für ein gutes Miteinander wird nicht nur in Frage gestellt, sondern durch einen ideologischen Duktus eingeordnet, der aus Sicht der dsj nicht zu akzeptieren ist.

Der Vorstand wertet die Kleine Anfrage zur Arbeit einer dsj-Mitgliedsorganisation in dieser Form als Angriff auf die Werte, für die die dsj und mit ihr der gemeinnützige, organisierte Sport in Deutschland steht. Konkret handelt es sich um ein Projekt zur Demokratieförderung im Sport, das die dsj koordinierend unterstützt. Der Vorstand verurteilt daher das hinter der Kleinen Anfrage stehende und handlungsleitende Ansinnen, das in ihrer Formulierung zum Ausdruck kommt, aufs Schärfste.

In der Jugendordnung der dsj, die in der aktuellen Fassung am 26. Oktober 2014 im Rahmen der Vollversammlung in Berlin beschlossen wurde, sind die Grundsätze des Zusammenlebens im gemeinnützigen, organisierten Kinder- und Jugendsport deutlich dargelegt.

Jugendordnung der dsj

Präambel:

  1. Die Deutsche Sportjugend (dsj) vereint ihre Mitgliedsorganisationen in dem gemeinsamen Willen, unter einem Dach die Kinder- und Jugendarbeit im gemeinnützig organisierten Sport zu stärken. Gemeinsam verfolgen sie das Ziel, diese in ihrer ganzen Vielfalt hinsichtlich ihrer kulturellen, gesellschaftlichen sowie politischen Bedeutung weiterzuentwickeln.

§ 3 Aufgaben und Grundsätze:

  1. Die dsj bekennt sich als Jugendorganisation zur freiheitlich-demokratischen Lebensordnung und tritt für Mitgestaltung, Mitbestimmung und Mitverantwortung junger Menschen ein.
  2. Die dsj ist frei von parteipolitischen Bindungen. Sie tritt für die Menschenrechte und für religiöse und weltanschauliche Toleranz ein
  3. Die dsj bekennt sich zu den Prinzipien des Gender Mainstreamings und setzt sich für die Gleichstellung von Frauen und Männern ein.
  4. Die dsj fördert die vorurteilsfreie Begegnung von jungen Menschen im Sport, unabhängig von ihrer Herkunft, Nationalität, ethnischer Zugehörigkeit, Weltanschauung, Geschlecht, sexueller Orientierung, Gruppenzugehörigkeit oder Behinderung. Die dsj wendet sich explizit gegen Rassismus und Diskriminierung, insbesondere gegen antidemokratische, antiziganistische und anti-semitische Tendenzen. Sie tritt durch angemessene Formen der Kinder- und Jugendarbeit und ihre präventive Arbeit jeglicher Art von Gewalt, Diskriminierung, Benachteiligung und Manipulation entgegen, unabhängig davon, ob sie körperlicher, seelischer oder sexueller Art ist.

Die Präambel der DOSB-Satzung formuliert klar:

(2) Als Zusammenschluss von Spitzenverbänden, Landessportbünden, Verbänden mit besonderen Aufgaben sowie Persönlichen Mitgliedern erkennt der DOSB die organisatorische, finanzielle und fachliche Selbständigkeit seiner Mitgliedsorganisationen an und fördert deren solidarisches Zusammenwirken. Der DOSB sieht sich dem Leitbild der Einheit in der Vielfalt verpflichtet. Seine Mitglieder leisten durch Sport einen unverzichtbaren Beitrag zum Wohlergehen der Menschen in der Bundesrepublik Deutschland. Die Bedeutung des Sports für den Einzelnen wie für die Gesellschaft erfordert dabei die Solidarität der deutschen Sportbewegung nach innen und außen.

(6) Der DOSB bekennt sich zu einem humanistisch geprägten Menschenbild, er dient der Wahrung und Förderung der ethischen Werte im Sport und fördert das bürgerschaftliche Engagement. Er vertritt den Grundsatz religiöser und weltanschaulicher Toleranz sowie parteipolitischer Neutralität. Er tritt rassistischen, verfassungs- und fremdenfeindlichen Bestrebungen sowie jeder Form von Gewalt, unabhängig davon, ob sie körperlicher, seelischer oder sexueller Art ist, entschieden entgegen. Er sieht sich insbesondere dem Schutz von Kindern verpflichtet, fördert deren Persönlichkeitsentwicklung durch Bewegung und Sport und trägt zu Rahmenbedingungen bei, die ein gewaltfreies Aufwachsen ermöglichen. Er pflegt die Verbindungen zu den großen gesellschaftlichen Gruppen, Kirchen, Glaubensgemeinschaften und politischen Parteien.

Damit bekennen sich die Sportorganisationen zu diesen wesentlichen Grundsätzen. Der gemeinnützige, organisierte Sport ist eine starke Gemeinschaft, die zusammensteht und sich gegenseitig und solidarisch stützt. Dieser Schulterschluss ist nun wichtiger denn je. Er soll zudem ein starkes Zeichen sein, den Akteur*innen vor Ort Ängste nehmen und die Handlungsfähigkeit im Umgang mit Angriffen von Rechts und anderen antidemokratischen Handlungen stärken.

Als Dachorganisation im gemeinnützigen, organisierten Kinder- und Jugendsport möchte die dsj auch konkrete Unterstützung anbieten. In diesem Zusammenhang wird sie die Umsetzung von verschiedenen Unterstützungsmöglichkeiten prüfen, wie beispielsweise:

  • Überarbeitung des Ordners „Sport mit Courage“ und Erstellung einer erweiterten digitalen Version. Der Ordner ist als Arbeitsmaterial bekannt und bewährt, bedarf nach einigen Jahren der Nutzung nun einer Anpassung und Ergänzung. Fragen zu „Gemeinnützigkeit“ und zu „Rechtspopulismus“ können hier vertieft werden. Die digitale Version kann ggf. mit einer*m Kooperationspartner*in erstellt werden.
  • Handreichung „RECHTSsicherheit“: Eine knappe Aufstellung mit rechtlichen Informationen rund um Themen wie „Neutralitätsgebot“, „Vermietung von Vereinsheimen und Sportplätzen“, „Äußerungsrecht“ und weiteren Punkten zur Stärkung der Handlungsfähigkeit vor Ort.
  • Handlungsempfehlungen zu Schutz und Unterstützung von engagierten Personen vor Ort. Zielgruppe sind diejenigen, die im und für den Sport ehrenamtlich und hauptamtlich aktiv sind.
  • Kampagne „Werte des Sportes“ mit Statements von öffentlichen Personen mit Sportbezug.
  • Verknüpfung des Themas mit geeigneten Veranstaltungen, wie Initiativen im Rahmen des 27. Januar „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“ (Initiative !Nie wieder) und den Internationalen Wochen gegen Rassismus (16.-29. März 2020).
  • Fortbildungsmaßnahmen innerhalb der eigenen Angebote und Projekte. Beispielsweise wird das dsj-Juniorteamseminar im März 2020 sich mit dem Thema „Demokratiestärkung“ befassen.
  • Stärkung der Mitgliedsorganisationen durch eine klare Kommunikation und einem Angebot zum Austausch im Rahmen einer größeren Konferenz oder der Mitgliedsversammlung.
  • Durchführung einer Fachveranstaltung zu Werten und Haltungen im gemeinnützigen, organisierten Sport.

(Quelle: dsj)